Textatelier
BLOG vom: 03.07.2021

Blüten und Insekten werden immer weniger

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim

 


Traum einer Blütenwiese (Fahrnau 2020)
 

Ältere erinnern sich noch gut an Zeiten als auf Wiesen und Feldern eine herrliche Blütenpracht, viele Insekten und Vögel zu sehen waren. Heute sind die Blütenpflanzen, Insekten und auch Wiesenvögel Raritäten.

Klaus Böttger, Vorsitzender der BUND-Ortsgruppe Schopfheim, weist darauf hin, dass seine Organisation Winzer und Landwirte animiert, mehr Blütenpflanzen auf Ackerrandstreifen, Blühstreifen in Obstplantagen und zwischen Rebstöcke anzulegen. Die extensive Nutzung mit geringer Düngung und angepasster Schnitthäufigkeit (zweimal Mahd pro Jahr, darunter einmal im Herbst) wird empfohlen. „Die Landwirte sind für diese Empfehlungen durchaus aufgeschlossen, sie müssen jedoch Fördergelder bekommen“, so Böttger. Für den eigenen Garten sollen Blütensamen mit unterschiedlichen Blühphasen verwendet werden, damit Bienen, Hummeln, Käfer und Schmetterlinge viele Monate eine Nahrung erhalten.

Pflegeleichte Gärten
„Es ist bedauerlich, dass in so vielen Gärten Wiesenpflanzen durch pflegeleichte Kies- und Plattenbelege ersetzt werden“, wusste Apotheker Frank Hiepe von Zell im Wiesental zu berichten. Oft sieht man sterile Rasenflächen oder Anpflanzungen mit nicht insektenfreundlichen Gewächsen.

Zum Glück gibt es einzelne blütenreiche Randstreifen an Wegen, Böschungen und Areale von Wiesenblumen in manchen Gärten. Ausnahmen sind Wiesen, wenn Klatschmohn und Kornblumen ausgesät werden und dann den Betrachter erfreuen. So sahen wir bei einer früheren Wanderung (Blog vom 17.06.2006: „Wanderung zur Sissacher Flue: Luftkampf ums Revier“) unweit der Rickenbacher Höchi eine grosse Wiese mit unzähligen Kornblumen und Klatschmohnpflanzen. Auch in Murg unterhalb einer im Bau befindlichen Autobahnbrücke sahen wir anlässlich einer Wanderung ein grosses Feld mit Mohnblumen. Wahrscheinlich wollten die Baufachleute ein ödes Feld mit solchen Blumen verdecken. Wir Wanderer waren vom faszinierenden Rot der Blüten ganz aus dem Häuschen (s. Blog vom 06.06.2016: „Durch das urwüchsige, wilde Murgtal“).

Wichtig sind intakte Wiesen
Intakte Wiesen bieten einen Schatz an Blütenpflanzen und Insekten. Es lohnt sich diese Welt näher kennenzulernen. Naturfreunde, Erholungssuchende und Wanderer fühlen sich durch Buntwiesen besonders angezogen. „Ich bemühe mich bei Führungen den Menschen die Schönheit und die große Bedeutung unserer heimischen Fauna und Flora vor Augen zu führen“, erklärte Hartmut Heise, Naturschutzwart von Schopfheim. Solche Exkursionen sind sehr wichtig, da die Teilnehmer erfahren, was die Natur zu bieten hat. „Nur was man kennt, kann man schützen“ wird immer wieder postuliert.

 


Witwenblume
 

Wundervolle Welt der Wiesen
Wer blumenreiche Areale von Wiesen in Augenschein nimmt, entdeckt Witwenblumen, Rotklee, Ehrenpreis, Klappertopf, Lichtnelken, Natternkopf, Margariten, Wiesenbocksbart, Thymian, Wiesensalbei, Wiesenschaumkraut, Löwenzahn, Johanniskraut. Witwenblumen sind beliebt bei Bienen, Wespen, Käfern (Soldatenkäfer, Rosenkäfer, Pinselkäfer).

Wer Glück hat, kann unter den Schmetterlingen den kleinen Fuchs, Bläulinge, Heufalter, Widderchen, Schwalbenschwanz und das Tagpfauenauge erblicken. Gerade Schmetterlinge benötigen für ihre Vermehrung bestimmte Pflanzen. Deshalb soll man zum Beispiel Brennnesseln an Wegen und in einer Ecke im Garten wachsen lassen, da sich die Raupen vom Tagpfauenauge von den Blättern ernähren. Friedrich Adolph, Vorsitzender der Vogelschutz-Ornithologische Gemeinschaft Schopfheim e.V., sieht beim Bestand der wiesenbrütenden Vögel als Folge der intensiv bewirtschafteten Weiden einen starken Rückgang. So sah er ganz selten Brachvögel, Kiebitze und den Vogel des Jahres 2019, die Feldlerche.

Wichtig ist das umsichtige Verhalten von Spaziergängern, Wanderern, Nordic Walker, Fahrradfahrer in Wald und Flur.

Überflüssige Lichtquellen meiden
Wir sollen unsere Gärten insektenfreundlich gestalten. Am besten sind insektenfreundliche Blumen und Pflanzen. Wichtig ist auch, dass wir überflüssige Lichtquellen nachts ausschalten. Nachtaktive Insekten werden nämlich vom Licht angezogen. Die Insekten sind erschöpft, verlieren die Orientierung und werden in ihrem Jagd- und Fortpflanzungsvermögen gestört.

Gut ist auch das Aufstellen von Insektenhotels.

Tipps unter www.nabu.de (Stichwort Nützlinge)

Die EU-Kommission fordert auf den Einsatz von synthetischen Pestiziden bis 2035 zu beenden.

 


Kleiner Heufalter
 

Was Insekten leisten
Wenn die tierische Bestäubung wegfällt, dann gibt es einen drohenden Rückgang der Ernte von 1o7 pflanzlichen Nahrungsmitteln. In Deutschland würde sich der Schaden auf etwa 1,15 Milliarden Euro pro Jahr belaufen.

In China gibt es infolge der Pestizidbelastung in vielen Obstplantagen kaum noch Insekten. Was tun? Die Landarbeiter und Landarbeiterinnen im Billiglohnland China bestäuben die Blüten per Hand schon seit den 80-er Jahren. Zunächst wird der Pollen von männlichen Blüten an Bäumen gesammelt, dann mithilfe kleiner Federwedel auf die weiblichen Blüten aufgetupft (Quelle: Schrot&Korn, 07/2021).

 

Literatur
Hiester, Ina: „Sind Insekten zu unsexy?“, Schrot&Korn, 07/2021.
Segerer, Andreas; Rosenkranz, Eva: „Das grosse Insektensterben“, Oekom-Verlag, 2018.

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